Wenn man Hobbyschneider fragt, warum sie mit dem Nähen angefangen haben, dann hört man ganz oft den Wunsch nach perfekt passender Kleidung, die man im Laden nicht finden kann. Da fertige Schnittmuster aber nur den gleichen Umfang an standardisierten Konfektionsgrößen anbieten, wie die Mode von der Stange, wird man hier zwangsläufig das gleiche Problem haben. Zumindest bis man weiß, wie man das Schnittmuster auf den eigenen Körper und seine Besonderheiten anpassen kann. Denn ein Schnittmuster anpassen zu müssen ist eher die Regel als die Ausnahme!
Viele Nähanfänger trauen sich jedoch nicht Änderungen am Schnittmuster vorzunehmen und wenn das fertige Teil dann nicht perfekt sitzt, ist abwechselnd der eigene Körper oder das Schnittmuster daran schuld. Dabei ist es völlig normal, dass man ein Schnittmuster anpassen muss. Besonders leicht gelingt die Anpassung bei einem Grundschnitt, da dieser sehr figurbetont sitzt und nur die Elemente enthält, die man für die Anpassung eines zweidimensionalen Schnitts an den dreidimensionalen Körper benötigt. So kann man die Passform besonders gut erkennen und mit wenigen Änderungen perfekt an den eigenen Körper anpassen. Im Folgenden zeige ich dir die häufigsten Anpassungen, die man bei einem Rockgrundschnitt vornehmen muss. Diese lassen sich aber auch auf andere Rockschnitte übertragen.
Du hast grundsätzlich zwei Möglichkeiten ein Schnittmuster auf seine Passform zu überprüfen und anzupassen.
- Du misst dich aus und vergleichst die Maße mit der Körpermaßtabelle und änderst den Papierschnitt noch bevor du dein Probemodell zu schneidest.
- Du nähst ein Probemodell aus einem günstigen Stoff, wie Nessel, und nimmst die Änderungen am Probemodell vor. Diese Änderungen überträgst du anschließend auf deinen Papierschnitt.
Natürlich ist auch eine Kombination der beiden Varianten möglich. Bei beiden Varianten würde ich aber im Anschluss noch ein Probemodell nähen, um die Änderungen zu überprüfen.
Die richtige Größe finden
Der erste Schritt für einen gut passenden Grundschnitt ist natürlich die Wahl der richtigen Größe. Für die Bestimmung der richtigen Größe braucht ihr bei einem Rockgrundschnitt die Maße eurer Taille und eurer Hüfte.
Hier noch ein paar Tipps zum richtigen Maßnehmen:
- Am besten lasst ihr euch von jemand anderen ausmessen. Ihr könnt euch aber auch alleine vor dem Spiegel ausmessen.
- Ihr solltet dabei nur Unterwäsche tragen und eine geradestehende Haltung einnehmen. Die Arme lasst ihr locker an den Seiten hängen.
- Es ist wichtig, dass ihr das Maßband nicht zu eng zieht. Steht zu euren Maßen, denn nur dann könnt ihr auch perfekt sitzende Kleidung nähen!
- Achtet darauf, dass das Maßband glatt und möglichst waagrecht liegt.
Die Taille wird an der schmalsten Stelle eures Oberkörpers gemessen. Beachtet dabei, dass eure natürliche Taille wahrscheinlich weit oberhalb eurer gefühlten Taille liegt und deutlich über dem normalen Hosen- oder Rockbund. Bei dem Messen des Hüftumfangs wird das Maßband glatt über die stärkste Stelle des Hinterns gelegt. Vor dem Ablesen solltet ihr euch vergewissern, dass das Maßband tatsächlich noch waagrecht an der stärksten Stelle liegt und nicht verrutscht ist.
Markiere nun deine Maße in der Körpermaßtabelle des Grundschnitts. Liegen beide Maße innerhalb einer Größe, kannst du direkt mit dem Zuschnitt des Probeteils beginnen. Schwanken deine Maße zwischen zwei Größen, dann nimm im ersten Schritt immer die größere Größe und passe die abweichenden Maße an. Im nächsten Punkt erkläre ich dir, wie du diese Anpassungen vornehmen kannst.
Deine Maße schwanken zwischen 2 Größen
Es kommt sehr häufig vor, dass man nicht in die standardisierte Größentabelle passt. Wie oben beschrieben, wählst du in diesem Fall die größere Größe aus und passt die abweichenden Maße wie folgt an. Wenn Hüfte und Taille bis zu 1 ½ Größen voneinander abweichen, dann kann man diesen Unterschied an der Seitennaht ausgleichen, siehe unten. Es ist außerdem möglich eine Linie zwischen den Größenlinien zu ziehen, wenn man nur ½ Größe abweicht oder auch beide Maße zwischen den Größen in der Tabelle liegen.
Rock Schnittmuster anpassen bei schmalerer Taille:
Sollte deine Taille mehr als 1 ½ Größen schmaler sein, dann ist es nötig einen zusätzlichen Abnäher einzufügen, da sonst die Hüftrundung an der Seite zu stark wird. An der Seitennaht nimmst du bis zu 1,5 cm in der Taille weg. Den zusätzlichen Abnäher fügst du im Rückteil ein. Platziere die Mittellinie des zweiten Abnähers zwischen Seitennaht und Abnäher. Seitlich der Mittellinie zeichnest du jeweils die halbe Weite an. Der neue Abnäher sollte 1-2 cm kürzer sein. Zum Einzeichnen des neuen Abnähers ziehst du dir am besten eine Hilfslinie waagrecht im rechten Winkel von der Abnäherspitze des ersten Abnähers. Von dieser Linie gehst du nun 1-2 cm nach oben und verbindest den neuen Endpunkt mit der Abnäherbreite.
Rock Schnittmuster anpassen bei schmalerer Hüfte:
Wenn deine Taille mehr als 1 ½ Größen breiter ist, dann solltest du diese Abweichung zusätzlich an den Abnähern ausgleichen. An der Seitennaht kannst du bis zu 1,5 cm in der Taille hinzufügen. Die dann noch fehlende Weite nimmst du an der Abnähertiefe des vorderen Abnähers weg. Die Länge des Abnähers bleibt gleich. Du kannst den vorderen Abnäher auch komplett entfernen, wenn du die gesamte Weite brauchst.
Du bist sehr groß oder klein
Schnittmuster sind normalerweise für eine Größe von 168 cm ausgelegt. Wenn du größer oder kleiner bist, muss das Schnittmuster entsprechend angepasst werden. Leider reicht es beim Rockgrundschnitt nicht aus diesen Längenunterschied am Saum auszugleichen, da der Größenunterschied sich vor allem in dem Abstand zwischen Taille und Hüfte bemerkbar macht. Deshalb musst du den Größenunterschied auch hier ausgleichen. Bei meinem Grundschnitt ist eine Linie zum Verlängern oder Verkürzen eingezeichnet. Wenn du einen anderen Rockschnitt zur Hand hast, kannst du 15 cm unterhalb der Taille eine waagrechte Linie im rechten Winkel zum Fadenlauf einzeichnen. Um Herauszufinden um wieviel cm du den Rockgrundschnitt an dieser Stelle verschieben musst, messe die Distanz zwischen deiner Taille und Hüfte, die sogenannte Hüfttiefe, an der hinteren Mitte aus. Am besten markierst du hierfür deine Taille und Hüfte jeweils mit einem Maßband mit Haken und Lochung oder einem verknoteten Gummiband und messe den Abstand zwischen beiden Linien. Bei meinem Grundschnitt bin ich von einer Hüfttiefe von 21 cm ausgegangen. Sollte dein Schnittmuster keine Hüfttiefe angegeben haben, kannst du davon ausgehen, dass du den halben Größenunterschied an dieser Stelle ausgleichen musst, da der restliche Größenunterschied sich auf den Oberkörper verteilt.
Rock Schnittmuster verlängern:
Wenn du größer bist, musst du den Rockgrundschnitt an der Linie um den entsprechenden Betrag auseinanderziehen. Schneide das Schnittmuster entlang der Linie auseinander und lege ein Stück Papier in der Breite der Differenz unter die Schnittkante. Klebe das Stück Papier mit etwas Tesa fest. Jetzt musst du nur noch die Seitennaht korrigieren.
Rock Schnittmuster kürzen:
Wenn du kleiner bist, musst du den Rockgrundschnitt an der Linie um den entsprechenden Betrag zusammenschieben. Schneide wieder das Schnittteil entlang der Trennungslinie auseinander. Zeichne oberhalb dieser Linie eine zweite Linie im Abstand des Betrages ein, um den du den Rock kürzen möchtest. Verschiebe den unteren Teil des Rockgrundschnitts so, dass er an die zweite Linie anstößt. Klebe anschließend die Schnittteile mit etwas Tesa fest und korrigiere nun wieder die Seitennaht.
Die Längenveränderung musst du für das vordere und hintere Rockteil gleich vornehmen.
Ich hoffe, dass euch diese Änderungen schon einmal weiterhelfen. Teil 2 folgt dann am 21.01.
Welche Passformprobleme habt ihr bei Röcken bzw. welche Änderungen müsst ihr vornehmen? Schreibt es mir gerne in die Kommentare, damit ich darauf im 2. Teil noch eingehen kann.